Montag, 23. Februar 2009

Abschlussfilm

Wenn die Wiedergabe nicht funktioniert, hilft Youtube

Dienstag, 10. Februar 2009

Schluss, aus, Ende, vorbei

Wien hat eine zweimalige Belagerung durch die Türken ertragen; es hat zehn Jahre lang sowjetische Besatzungskräfte ertragen; nun hat es also auch fast sechs Monate lang mich ausgehalten.
Ab sofort heißt der Hofer wieder Aldi und der Zielpunkt wieder Plus; in Behörden muss man wieder drei Stunden anstehen und auf die U-Bahn bis zu zehn Minuten warten; von den Errungenschaften der zweiten Lautverschiebung wird wieder keiner was wissen wollen und mit „grüß Gott“ kann auch keiner mehr was anfangen. Aus dem Fleischpflanzerl wird wieder eine Bulette, aus der Frankfurter eine Wiener, aus der Donau die Spree und aus dem Schneeberg (2.076m) der Teufelsberg (115m). Die Straßenbahnen werden wieder gelb und das Rathaus wieder rot sein. Ich werde wieder in Berlin wohnen.
Das – ja, ich bin mir mittlerweile sicher, dass es so ist, insbesondere, wenn ich die Amerikareise davor mitzähle – schönste halbe Jahr in meinem Leben ist vorbei. Der Aufenthalt in Wien ist beendet.
Worauf ich mich in Berlin am meisten freue, sind die großen Volksparks und die kleinen Preise. Was ich in Wien am meisten vermissen werde, sind Egea und die Berge. Beides gibt es zwar auch in Berlin, aber jeweils kleiner.
Was mit dem Aufenthalt in Wien auch endet, ist der Blog. Das hier ist der 88. und letzte Eintrag. Was hat es gebracht, dass ich diese 88 Einträge gemacht habe? Ich hatte jedes Mal die Chance, noch einmal zu rekapitulieren, was ich am jeweiligen Tag gemacht habe. Ich habe ein schönes Andenken an eine schöne Zeit, das auf einem Server irgendwo in Kalifornien rumliegt und jederzeit aufgerufen werden kann. Und interessanterweise: ich habe auch recht viele Leser erreicht. Mit Freunden und Familie wurde oft über den Inhalt einzelner Einträge diskutiert; in Egea- und Erasmus-Kreisen wurde ich oft auf den Blog angesprochen. Zwei interessante Beispiele mag ich an dieser Stelle herausgreifen: ein Erasmus-Student aus Luxemburg hat mir – nachdem wir uns etwa zwei Monate lang nicht gesehen hatten – letzten Dienstag überraschend erklärt, dass er regelmäßig meinen Blog gelesen und sich von den Reisevorschlägen hat inspirieren lassen. Ein Studienkollege aus Wien hat mir vorgeschlagen, doch eine Auswahl an Blogeinträgen als Buch zu veröffentlichen. Zumindest ein paar Leuten scheint der Blog also gefallen zu haben. Vielen Dank an alle treuen, regelmäßigen und auch sporadischen Leser. In den nächsten Wochen wird das ganze noch mit einem kleinen Abschlussfilm abgerundet werden, ansonsten war’s das. Abgesehen davon, dass ihr natürlich gerne weiterhin Kommentare schreiben dürft und sollt.
Um mit einem chinesischen Sprichwort zu enden: Wenn du am Ende eines Romanes angekommen bist – schließe das Buch.

Samstag, 7. Februar 2009

Die Wiener Suburbia

Suburbanisierung beschreibt „die Verlagerung von Kernstadt-Funktionen in das Stadtumland“. Größere Städte und Agglomerationsräume wachsen flächenhaft über die Stadtgrenzen hinaus in den suburbanen Raum, den der Volksmund den „Speckgürtel“ zu nennen pflegt. Man baut sich sein schönes Einfamilienhaus mit Garten, um in selbigem den Kindern eine heile Welt vorzugaukeln. Während die Eltern darüber schockiert sind, dass hier so viele Mücken rumfliegen und man den Gehsteig nun selbst reinigen muss. Aber immerhin ist es viel ruhiger und naturnäher als in der Stadt. Nun gut, Ruhe, Natur und Klima zerstört man selbst mit jedem gefahrenen Autokilometer, und derer gibt es einige Tausend jedes Jahr, schließlich ist man in der Suburbia auf mindestens ein Auto angewiesen. Der Staat, der schon die Erschließung des Baulandes, die Eigenheimzulage und die Pendlerpauschale übernommen hat und nach wie vor die kulturelle und verkehrliche Infrastruktur in der Stadt erhalten muss, könnte sich ja gefälligst um einen besseren öffentlichen Nahverkehr kümmern. So muss man halt die 300 Meter zum Supermarkt, die fünf Kilometer zur Schule und die 30 Kilometer zum Arbeitsplatz selbstverständlich mit dem Auto zurücklegen. Das man damit die gesuchte Idylle selbst ruiniert ist egal. Und das man durch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern, Parkplätzen und gut ausgebauten Straßen an der weiteren Zersiedelung der Landschaft eine Teilschuld trägt, will man eh nicht wahr haben. Die Stadt hätte ja gefälligst Einfamilienhäuser mit Garten anbieten können, dann hätte man gar nicht erst raus aufs Land ziehen müssen.

Soweit meine einseitige und nicht mehr ganz aktuelle (denn die meisten Menschen, die ins Stadtumland ziehen, kommen heutzutage gar nicht mehr aus der Kernstadt) Meinung zum Phänomen Suburbanisierung. Die Meinung von jemandem, der in einem Dorf aufgewachsen ist, als dieses noch ein Dorf war und seitdem in Städten wohnt, die unter Verkehrs- und anderen Problemen leiden, die nicht zuletzt verursacht werden von den Menschen, die aus den früheren Dörfern etwas gemacht haben, das irgendwo zwischen Dorf und Stadt anzusiedeln ist. Viele Geographen und Architekten haben sich schon den Kopf darüber zerbrochen, wie man diese Gegenden nennen kann, die weder Stadt noch Land sind. Der eine nennt es „Zwischenstadt“, der nächste spricht von einem „Stadt-Land-Kontinuum“. Wenn ich irgendwann einmal ein richtiger Geograph bin, werde ich vielleicht den Begriff „außerstädtisches Zersiedelungsgebiet“ erfinden, aber damit lasse ich mir noch ein paar Jahre Zeit.







Warum schreibe ich gerade heute diesen Eintrag über die Wiener Suburbia? Nicht etwa, weil ich mich im abgelaufenen Semester intensiv damit beschäftigt habe. Ich werde jetzt nicht am vorletzten Tag plötzlich damit anfangen, im Blog von Univeranstaltungen zu erzählen. Sondern deshalb, weil ich heute einmal wieder todesmutig war und mich mit dem Fahrrad den Hausfrauen ausgeliefert habe, die auf dem Fahrersitz ihrer SUV-Massenvernichtungswaffen hinter geschlossenen Fensterscheiben das klimatisierte Landleben genießen und dabei wenig Rücksicht nehmen auf minderbemittelte Menschen, deren fahrbarer Untersatz nur über zwei Räder verfügt. Anders ausgedrückt: Ich habe eine Radeltour durch die Wiener Suburbia gemacht. Am Marchfeldkanal entlang; über die Grenze von Süßenbrunn nach Gerasdorf; am ehemaligen Safaripark von Gänserndorf vorbei; an vielen eintönigen Einfamilienhaussiedlungen in flacher Landschaft entlang. Klingt ganz schön langweilig. War es eigentlich auch. Aber der Sonnenuntergang konnte dann doch für langweilige Landschaft und garstigen Gegenwind entschädigen…





Hab ich eigentlich schon mal erwähnt...

dass ich meinen neuen Foto echt toll finde?




Freitag, 6. Februar 2009

Ein letztes Mal Wienerwald



Der Abschied von Wien nähert sich in viel zu großen Schritten. In 48 Stunden werde ich schon im Nachtzug gen Heimat sitzen. Folglich versuche ich natürlich, meine letzten Tage hier intensiv zu nutzen. Und wie kann man das besser, als mit einer Radtour durch den verschneiten Wienerwald? Aus Sicherheitsgründen beschränkt sich so eine Radtour im Moment größtenteils auf Straßen, aber auch die sind hier sehr schön und selten stark befahren.
Die 60km lange "Wienerwaldrunde" aus dem Radatlas Wien hat mich von Purkersdorf nach Mödling geführt. Vorbei u.a. am Wienerwaldsee, Klausen-Leopoldsdorf, dem Helenental und dem Stift Heiligenkreuz. Landschaftlich sehr reizvoll, vor allem wegen der nassen Kälte aber durchaus anstrengend.




Dienstag, 3. Februar 2009

Winterliches Waldviertel



Nach Mostviertel und Weinviertel nun zum Abschluss noch ein Bericht über das Waldviertel. Letzteres befindet sich im Nordwesten Niederösterreichs und hat sich durch die dichte Waldbedeckung seinen Namen redlich verdient. Bei der dicken Schneedecke, die das Waldviertel momentan bedeckt, fühlt man sich durchaus nach Skandinavien oder Kanada versetzt und würde nicht vermuten, dass man sich in einem relaiv flachen Teil Österreichs befindet. Bei einer Rundfahrt mit dem Einfach-Raus-Ticket habe ich zusammen mit meinen Eltern am Sonntag die Bezirkshauptstädte Waidhofen an der Thaya und Krems an der Donau besichtigt, außerdem sind wir durch das schöne Kamptal gefahren. Bahn fahren in Österrech ist schon sehr gemütlich. Abgesehen davon, dass die Landschaft meist schöner ist als in Deutschland, sind die Züge in der Regel pünktlicher und komfortabler. Nur die Fahrpläne vieler Nebenlinien lassen oft zu wünschen übrig.




Donnerstag, 29. Januar 2009

Parlamentsgebäude



Dank ESN (Erasmus Student Network) konnte ich gestern ein weiteres Ringstraßengebäude von innen entdecken: das Parlamentsgebäude. Das 1883 eröffnete Gebäude erinnert mit seinem neo-attischen Baustil an das antike Griechenland, wo bekanntlich die Demokratie erfunden wurde. Antikisierende Elemente findet man auch im großen Saal, in dem bis 1918 der Reichsrat tagte:




Da der repräsentative, für 512 Abgeordnete konzipierte Saal für das nach dem 1. Weltkrieg zusammengeschrumpfte Österreich viel zu groß ist, wird er nur noch für die Sitzungen der Bundesversammlung und andere wichtige Staatsakte genutzt. Die beiden Kammmern tagen anonsten in zwei kleineren Räumlichkeiten, die am selben Gang direkt gegenüberliegen:

der Nationalrat



und der Bundesrat.

Sonntag, 25. Januar 2009

Semmering



Da Christoph und ich nicht nur beide gerne Fahrrad fahren, sondern auch beide Berge mögen und uns durchaus für Eisenbahnen interessieren, stand heute (nach der Radtour nach Bratislava) eine neue gemeinsame Unternehmung im Terminkalender: der Semmeringbahn-Wanderweg. Auf 22 Kilometer Länge hat uns dieser von Payerbach-Reichenau bis zum Bahnhof Semmering geführt. Unterwegs konnten wir die bekanntesten Kunstbauwerke der Strecke - insgesamt gibt es 14 Tunnels und 16 Viadukte - aus nächster Nähe bewundern. Aufgrund des dichten Zugverkehrs auf der Semmeringbahn mussten wir an den zahlreichen Fotostellen selten lange auf den nächsten Zug warten.
Die Semmeringbahn ist Teil der "Südbahn" von Wien nach Triest und wurde als erste normalspurige Gebirgsbahn Europas bereits 1854 eröffnet. Aus der damaligen Zeit stammen auch die zahlreichen Villen entlang der Bahnstrecke und das prächtige Südbahn-Hotel in der Gemeinde Semmering.
Der als "Semmeringbahn" bezeichnete Abschnitt der Südbahn zieht sich auf 41 Kilometern Länge von Gloggnitz nach Mürzzuschlag (die Luftlinie zwischen diesen beiden Gemeinden beträgt nur 21 Kilometer). Dabei wird eine Höhendifferenz von 459 Metern überwunden. Die Bahnstrecke ist offensichtlich nicht nur für Bahnfans wie mich bedeutend, schließlich wurde sie 1998 als erste Bahnstrecke überhaupt zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. So wird sie der Nachwelt also auf jeden Fall erhalten bleiben, auch wenn in den nächsten Jahren dann doch irgendwann der schon lange geplante Semmering-Basistunnel errichtet werden sollte.









Samstag, 24. Januar 2009

Lobau

Wenn man sich auf sein Fahrrad setzt,



und die Donau überquert,



erreicht man recht bald die Lobau, ein 2.300ha großes Auengebiet der Donau.



Da die Lobau seit 1996 Teil des Nationalparks Donau-Auen ist, kann Wien von sich behaupten, die einzige europäische Großstadt mit Anteil an einem Nationalpark zu sein.



Bekannt sind die Donauauen vor allem für die artenreiche Flora und Fauna. Im Nationalpark findet man mehr als 700 Pflanzenarten, 8 Reptilien- und 13 Amphipienarten, rund 60 Fischarten sowie mehr als 30 Säugetier- und 100 Brutvogelarten.



Neben vielen natürlichen Highlights wird man in der Lobau auch von einer kulturellen Besonderheit erwartet: dem Donau-Oder-Kanal, einem von den Nationalsozialisten begonnenen, aber niemals vollendeten Projekt, dessen Relikte heute in erster Linie als Badestelle dienen.



Wenngleich man im Januar nicht damit rechnen sollte, dass Fahrrad und Kleidung nach der Benutzung der matschigen Wege sauber bleiben, ist ein Ausflug in die Donauauen eine großartige Unternehmung.

Die Wiener Straßenbahn



Angefangen hat es mit "ganz normalen" Sightseeingtouren. Später habe ich dann Freistunden zwischen Univeranstaltungen genutzt, um neue Strecken und somit neue Ecken der Stadt zu erkunden. In den letzten Wochen war es dann ein Sammeln der letzten Streckenabschnitte, die noch fehlten. Jetzt kann ich behaupten, dass ich das gesamte Wiener Straßenbahnnetz abgefahren bin. Das kurze Stück zwischen Praterstern und Radetzkystraße nur im Schienenersatzverkehr, die restlichen 178km wirklich in einer "Bim", wie man Straßenbahnen hier bekanntlich nennt. Wien verfügt (nach Melbourne, St. Petersburg und Berlin) über das viertgrößte Straßenbahnnetz der Welt. Wenn man sich die Streckendichte in der Innenstadt betrachtet, kann man sich gar nicht vorstellen, dass das Netz sogar einmal fast 300km lang war. Der Lektüre des Buches "Die Wiener Straßenbahn" von Wolfang Kaiser habe ich es (neben einem erweiterten Wissen über die Geschichte von Wien im allgemeinen und des öffentlichen Nahverkers im speziellen) zu verdanken, dass ich weiß, wo früher noch überall Straßenbahnen gefahren sind. Zum Beispiel in der Burggasse. Oder in der Mariahilfer Straße, dort sogar bis 1993, also bis zur Eröffnung der U3 zum Westbahnhof. Am meisten überrascht hat mich die Tatsache, dass auch der Bus 13A einmal eine Straßenbahnlinie 13 war. Der Blick auf meinen historischen Stadtplan verrät, dass diese Strecke tatsächlich u.a. durch Strotzigasse und Neubaugasse führte, bei deren Steigungen man sich gar nicht vorstellen kann, dass da einmal eine Bim gefahren ist. Aufgrund der chronischen Überlastung und Unzuverlässigkeit der Linie 13A gibt es auch ernsthafte Überlegungen, die Bim auf dieser Strecke wiederzubeleben. Warum auch nicht, die Zeit der "autogerechten Stadt" ist schließlich auch in Wien glücklicherweise vorbei.




Was hat es mir jetzt eigentlich gebracht, dass ich das ganze Straßenbahnnetz abgefahren bin? Ich habe viele Ecken der Stadt gesehen, die selbst viele Wiener noch nicht kennen; habe in gemütlichen alten Urviechern von Straßenbahnfahrzeugen gesessen, die man heutzutage nicht mehr so häufig findet (wo gibt es in Deutschland schon nach Straßenbahnen mit Holzboden und Kieskasten?); habe viele verschrobene Menschen gesehen und gehört; verfüge über die nötige Grundgesamtheit, um meine Lieblingsstrecke zu küren (eindeutig der 9er, gefolgt vom 5er und dem D-Wagen); und mein Lieblingsfahrzeug (der gute alte c3-Beiwagen). Und ich kann im Blog behaupten, das gesamte Wiener Straßenbahnnetz abgefahren zu haben.