Da zwischen Berlin und Wien Tschechien liegt, habe ich am dritten Tag des Jahres nun schon wieder drei Länder durchfahren. Knapp 800 Kilometer liegen meine beiden Wohnsitze auseinander. Eine wunderschöne Reise, insbesondere bei strahlend blauem Himmel wie heute. Wenn man das weiß eingehüllte Dresden, das verschneite Elbsandsteingebirge, die rauchenden Schornsteine von Prag und die zugefrorenen Flüsse in Mähren betrachtet, macht man sich Gedanken darüber, ob man im Ranking der Jahreszeiten den Winter nicht immer zu schlecht bewertet. Das war meine Aussicht aus dem Abteilfenster:
Da der Weg bekanntlich das Ziel ist, habe ich noch eine fünfstündige Unterbrechung in Brünn eingelegt. Einstmals die Hauptstadt von Mähren, heute die zweitgrößte Stadt Tschechiens. Eine sehr schöne Stadt mit einer interessanten Mischung aus kaiserlich-königlichem Glanz, real existierenden Bausünden aus sozialistischer Zeit und postmodernen Kunsumtempeln. Besonders überraschend fand ich, dass das ganze so wenig touristisch ausgeschlachtet wird. Keine Touristeninfo im Bahnhof, nirgendswo aufdringliche Werbung für Übernachtungsstätten und kaum deutsch- oder englischsprachige Informationen. Selbst auf der Festung und vor der Kathedrale keine Busladungen deutscher Rentner, sondern nur knutschende und kiffende Jugendliche. Sehr überraschend, wenn man den Massentourismus aus Städten wie Krakau oder Prag gewohnt ist. Auch aufgrund der geringen Touristendichte erinnert mich Brünn sehr an Riga, wo ich vor genau 366 Tagen war. Damit gibt es zwei weitere Gemeinsamkeiten: die im Januar generell tiefstehende Sonne, die den ganzen Nachmittag über glänzende Fotomotive ermöglicht und die klirrende Kälte, die nach ein paar Stunden zu deutlichen Ermüdungserscheinungen führt; nicht zuletzt gibt es in beiden Städten eine Vielzahl alter (Tatra-)Straßenbahntypen, die über Schienen rumpeln, denen man nicht ansieht, dass sie tatsächlich befahrbar sind. Beide Städte sind auf jeden Fall eine Reise wert, am besten im Januar bei blauem Himmel.
Samstag, 3. Januar 2009
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