Sonntag, 16. November 2008

Ein Quantum Amerika



„Die Amerikanisierung der Wiener Suburbia?“, fragt Peter Görgl im Titel seiner Dissertation über den Wohnpark Fontana, der sich in der Nähe von Baden etwa zwei Fahrradstunden südlich von meiner Wohnung befindet. Ein bisschen schon, finde ich nach dem Besuch dort und dem Vergleich zu dem, was ich im Sommer an suburbanen Siedlungen in Kanada und den USA gesehen habe.
Frank Stronach, austro-kanadischer Milliardär und Gründer der Firma Magna International, hat dort auf einer Fläche von etwa 140 Hektar die Europazentrale von Magna, einen Golfplatz und einen Wohnpark angelegt, sich selbst hat er das bereits vorhandene Schloss Oberwaltersdorf herrichten lassen. Zentrale Orte der Siedlung sind ein Clubhaus (inklusive Fitnessstudio) und ein See, von dessen Ufer man ein schönes Panorama inklusive Schneeberg genießen kann. Die Häuser des Wohnparks sind alle in einer sehr auffälligen, einheitlichen Art errichtet, die deutlich macht, dass die Siedlung nicht auf Hartz-IV-Empfänger als potentielle Zielgruppe abzielt.
So schön die Lage und die Häuser sind: man fühlt sich dort vom ersten Moment an unwohl. Zwei Minuten nachdem man die Eingangsbrücke über den künstlichen Bach mit den künstlichen Wasserfällen überquert hat, hat einen der SUV vom Sicherheitsdienst schon entdeckt. Nach 100 Metern Fußweg am See entlang wird man freundlich („bitte nicht böse sein“). darauf hingewiesen, dass es sich hier um einen Golfplatz und nicht um einen Wanderweg handelt und man doch bitte zurückgehen soll. Obwohl es sich also grundsätzlich um einen Teil der Gemeinde Oberwaltersdorf mit öffentlichen Straßen handelt, ist man gerne unter sich. Das wird auch dadurch deutlich, dass die gesamte Siedlung umzäunt ist und die Möglichkeit besteht, die hintere Zufahrt durch ein Tor zu schließen. Mit Fahrrad und Fahrradhelm bin ich in der Siedlung selbstverständlich sofort aufgefallen. Das Publikum, dass mir während meines Besuches begegnet ist, lässt sich eher in zwei Kategorien aufteilen: 1.) Blonde Oligarchenbräute, deren Sonnenbrille fast so groß ist wie der SUV-Zweitwagen und 2.) mehrfach geliftete Botox-Einspritzbehälter zwischen 80 und scheintot. Nicht meine Welt, aber schön, es mal gesehen zu haben.





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