Liebe Österreicher, ich habe euch mittlerweile sehr lieb gewonnen, aber dieser Eintrag muss jetzt doch mal sein. Seit fast drei Monaten wohne ich nun in Österreich und habe das Thema Rassismus erst einmal in meinem Blog erwähnt. Das steht in keinem Zusammenhang zur Quantität, mit der einem das Thema im Wiener Alltag begegnet.
Die Österreicher bringen es tatsächlich fertig, noch ausländerfeindlicher und rassistischer zu sein als wir Deutsche. Und das will schon was heißen. Wenn sich zwei Omas in der Bim (= Straßenbahn) lautstark über die Gefährlichkeit von Ausländern unterhalten, während Vertreter dieser Spezies in unmittelbarer Nähe sitzen, muss man sich schon zwingen, nicht einzugreifen; wenn bei der Nationalratswahl die FPÖ 17,5% und die BZÖ 10,7% der Stimmen erhalten, dann ist das absurd, aber es spiegelt die Einstellungen eines großen Teiles der Bevölkerung wider; dass einer Untersuchung zufolge die Länder auf der Welt mit dem ausgeprägtesten Nationalstolz die USA und Österreich sind, überrascht mich mittlerweile nicht mehr; dass Menschen mit dunkler Hautfarbe sich in Wien nicht wohl fühlen, kann ich nur allzu gut verstehen; dass man auch als Deutscher nach zwei, drei Jahren in Wien offensichtlich die Schnauze voll hat von all den abfälligen Bemerkungen und Ausgrenzungen (das habe ich jetzt schon von mehreren Leuten gehört) ist wirklich lächerlich und unnötig.
Als Geographie- und Erasmusstudent und Egea-Mitglied halte ich mich natürlich in einem äußerst toleranten Umfeld auf; als NC-Flüchtling, sonstiger Ausländer oder gar als ostdeutsche Kellnerin in einer Skihütte fühlt man sich in Österreich aber sicher nicht so wohl wie ich. Richard Florida kann mit seiner These, dass „Technologie, Talente und Toleranz“ entscheidend sind für den ökonomischen Erfolg von Metropolen, die gute wirtschaftliche Entwicklung von Wien nur zu maximal zwei Dritteln erklären.
Die Österreicher unterscheiden sich von den Deutschen ja auch dadurch, dass sie im dritten Reich ausschließlich die Opferrolle eingenommen haben. Wir kennen alle die Bilder von den ablehnenden Handhaltungen auf dem Heldenplatz, als Hitler ihnen damals den großen Anschluss aufgezwungen hatte. Der größte außenpolitische Erfolg Österreichs seit dem 2. Weltkrieg ist, dass mittlerweile die ganze Welt glaubt, Hitler sei Deutscher gewesen und Beethoven Österreicher.
So kann dann einem österreichischen Kollegen (so nennt man hier Kommilitonen) in Bezug auf die zur Nazizeit errichtete Westautobahn ein „die haben wir euch zu verdanken“ rausrutschen; so können rassistische Aussagen über Barack Obama im ORF ungeahndet bleiben; so kann es mal passieren, dass in Youtube Videos eines Hitler-parodierenden Bimfahrers kursieren; und so kann es passieren, dass sich einer der Gastgeber auf einer WG-Party zum Thema „Notaufnahme“ als KZ-Arzt verkleidet, mit Hakenkreuz-Armbinde („einmal im Leben kann man ja wohl mal Nazi sein“).
Aber, liebe Österreicher, ich kann euch beruhigen: der Bimfahrer wurde zwei Tage nach seiner Aktion fristlos entlassen. Und der Typ mit der Hakenkreuz-Binde war ein gebürtiger Schweizer. Typisch Ausländer, die können sich halt einfach nicht benehmen :)
Sonntag, 30. November 2008
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
3 Kommentare:
Ach ja, du hast leider so Recht! Die Bim-Gespräche gehören auch zu meinen Favoriten ! Aber das Österreich genauso nationalistisch wie die USA sein soll ? Tatsächlich ? Schlimm, schlimm....
I mag die Ösis nimmer.
@Chrissi: ich werd dich eines besseren belehren wennst mich besuchen kommst ;)
Kommentar veröffentlichen