Sonntag, 28. Dezember 2008

Be Berlin



"Bahnhof Zoo, mein Zug fährt ein, ich steig aus, gut wieder da zu sein. Zur U-Bahn runter am Alkohol vorbei, Richtung Kreuzberg, die Fahrt ist frei"

So beginnt der Song "Berlin" von Ideal. Da der Text schon existiert, musste ich ihn gestern Abend nicht neu erfinden. OK, ich bin nicht Richtung Kreuzberg, sondern Richtung Steglitz eingestiegen, aber sonst passt's. Schön, nach fast einem halben Jahr mal wieder seine eigene Wohnung zu betreten. Und die Stadt, in der man so schöne drei Jahre verbracht hat. Das Treppenhaus ist neu gestrichen, um die Ecke wurde ein neues Haus gebaut, und die S-Bahn fährt wieder nach Fahrplan, sonst ist noch alles wie früher. Mit strahlend blauem Himmel und eisiger Kälte hat mich die Hauptstadt heute empfangen. Mir fällt keine bessere Reaktion darauf ein, als den Refrain des Ideal-Songs zu zitieren: "Ich fühl' mich gut, ich steh' auf Berlin!"

Samstag, 27. Dezember 2008

Von H nach B über K

Der Weg ist das Ziel, denkt sich der Geograph, kauft sich ein Wochenend-Ticket und steigt ein. Startpunkt: Hanau. Zielpunkt: Berlin. Mit dem ICE sind das etwas mehr als vier Stunden. Wenn der Weg das Ziel ist, sind es rund 14 Stunden. Dabei hat man unterwegs aber auch viel erlebt, z.B.

- ist man mit der Kasseler Regiotram gefahren, die sowohl Strecken der Deutschen Bahn in ganz Nordhessen als auch das Straßenbahnnetz in Kassel befährt



- ist durch die Karlsauen in Kassel gelaufen


- und hat dort das Orangerieschloss gesehen


- man ist durch die Altstadt von Hessisch Lichtenau gelaufen



- und hat endlich das gesehen, was man schon immer mal sehen wollte: ein Wahlplakat von Thorsten Schäfer-Gümbel.

Freitag, 26. Dezember 2008

Der Spessart ist viel schöner...



...wenn der Weihnachtsmann eine digitale Spiegelreflexkamera gebracht hat. Endlich wieder schöne Fotos machen können, nachdem der alte Spiegelreflexfoto ja schon länger nicht mehr so wollte, wie ich will. Das wird sich hoffentlich positiv auf die Qualität der Bilder im Blog auswirken. Allerdings benötige ich mindestens zwei Wochen, um die Kamera auch nur einigermaßen verstanden zu haben. Ein paar erste Schnapschüsse von Orchideen, Buchen und Fachwerk gibt es hier aber schon einmal:



Mittwoch, 24. Dezember 2008

Spessartradeln



Weihnachten verbringt man zuhause unterm Weihnachtsbaum, das ist einfach so. Deshalb sind die Züge und Autobahnen, die die Unistädte dieser Welt mit den Weihnachtsbäumen dieser Welt verbinden, rund um Weihnachten immer so voll. Ich hatte diesmal ausnahmsweise Glück mit der Deutschen Bahn und bin pünktlich im heimatlichen Franken gelandet. Zwecks Überführungsfahrt des Fahrrads in die heimische Werkstatt konnte ich gestern auch gleich mal wieder durch den heimatlichen Spessart radeln. Wie in alten Zeiten.
Wie in alten Zeiten auch die Rückfahrt mit dem Bus (bzw. den Bussen...): für 15 Kilometer immerhin 80 Minuten unterwegs gewesen. Mit dem Fahrrad hatte ich etwas mehr als halb so lang gebraucht. Aber der öffentliche Nahverkehr kann ja nicht überall so gut funktionieren wie in Wien…

Montag, 22. Dezember 2008

Groningen visits Vienna



Heute vor einer Woche („another egean weekend“) habe ich schon einmal über das Geographennetzwerk Egea geschwärmt, heute habe ich allen Grund, das erneut zu tun. Schließlich waren an diesem Wochenende mal wieder viele Egeaner in Wien versammelt: als erster Teil des Austausches mit Egea Groningen waren zehn NiederländerInnen zu Gast (im Februar werden wir dann in Groningen sein). Von Donnerstagabend bis heute morgen gab es eigentlich durchgehend Programm, nur unterbrochen von äußerst knapp gehaltenen Schlafpausen. Neben dem Standardprogramm (Citytour, Schönbrunn, Schnitzelessen im Einstein) gab es durchaus auch ein paar besondere Aktivitäten, z.B. Besuche im Schnapsmuseum und im Technischen Museum. Die Abendgestaltung bestand z.B. aus einem Beer-Drinking-Contest und Bowling spielen, wobei ich mich bei ersterem besser geschlagen habe.
Ein besonderer Spaß war das „Mister X“-Game: die Exchange-Teilnehmer werden in fünf Teilgruppen aufgeteilt. Eine Gruppe ist „Mister X“ und startet am Stephansplatz im Zentrum der Stadt. Die anderen vier Gruppen starten an festgelegten Punkten am Rande des ersten Bezirks (also i.d.R. an der Ringstraße). Mister X schickt etwa alle zehn Minuten eine SMS an die anderen Gruppen, in der er seinen aktuellen Standort mitteilt. Ziel des Spiels ist es, Mister X zu finden. So ganz nebenbei lernt man die Wiener Altstadt ein bisschen besser kennen und entdeckt schöne Straßen und Plätze, die man noch nie gesehen hat. In dieser Beziehung ist die Wiener Altstadt wirklich faszinierend. Ich glaube, man wird dort niemals alles gesehen haben. Probieren werde ich es trotzdem.





Donnerstag, 18. Dezember 2008

Vorarlberg

Vorarlberg ist das Bundesland vor dem Arlberg. Ganz wichtig: vor dem Arlberg, nicht etwas hinter dem Arlberg, wie man als Tiroler denken könnte! Einer netten Kollegin aus Vorarlberg habe ich versprochen, doch mal etwas mehr über dieses westlichste und zweitkleinste österreichische Bunesland zu schreiben. Was ich hiermit sehr gerne tue. Der durchschnitts-Deutsche (der ich ja bis Anfang September auch noch war) weiß wahrscheinlich grade noch so, dass Vorarlberg irgendwie am Bodensee liegt und Bregenz die Hauptstadt ist. Und das weiß er auch nur, weil er auf dem Weg zum Italienurlaub einmal vorm Pfändertunnel im Stau gestanden hat.
Seit der letzten Fußball-EM weiß der durchschnitts-Deutsche auch, dass es in Bregenz eine tolle Seebühhne gibt; und seit dem letzten Bond-Film weiß er, dass man ziemlich schnell von Haiti zu dieser Seebühne kommt...
Dass das Kleinwalsertal in Österreich liegt und nur von Deutschland aus auf der Straße erreicht werden kann, weiß man als durchschnitts-Süddeutscher auch. Dass das Kleinwalsertal in Vorarlberg liegt, ist schon wieder nicht so selbstverständlich. Aber Achtung, jetzt kommt's: das Kleinwalsertal hat seinen Namen von den Walsern, den Bewohnern des Schweizer Kantons Wallis, die nach starkem Bevölkerungswachstum in andere Gebiete auswandern mussten. Zum Beispiel ins Kleinwalsertal. Aber auch in manche höhere Talregionen im Aostatal und in Südtirol (die fruchtbareren Teile der Täler waren bereits besiedelt). Deshalb wird im Kleinwalsertal ein anderer Dialekt gesprochen als im Rest Vorarlbergs. Allerdings gehören alle vorarlberger Dialektausprägungen zum allemanischen Sprachraum. Weswegen vorarlbergisch ganz anders klingt als das, was der durchschnitts-deutsche als "österreichisch" kennt.
Vorarlberger haben zum Beispiel nie Zeit, sie haben höchstens Ziit. Sie werden auch nicht irgendwo sein, sondern sie werden siin. Sie gehen nicht nach hause, sie goon. Sie sprechen nicht deutsch, sondern dütsch. Vor allem aber sind sie sehr liab.

Dienstag, 16. Dezember 2008

Joggen - ein Wintermärchen

Es ist jeden Herbst und Winter dasselbe: beim Anblick des dauergrauen Himmels, beim Fühlen des nasskalten Windes und spätestens beim ersten Schnee- und Eischaos denkt man sich: eigentlich hab ich gar keine Lust mehr auf große Fahrradtouren. Ist doch ätzend, wenn ständig die Augen tränen, die Finger frieren und die Nase läuft. Also überlegt man sich andere Möglichkeiten, trotzdem fit und gut gelaunt zu bleiben und denkt sich: Hei, Joggen wär doch ne Alternative. Man nimmt sich dann jeden Winter aufs neue vor, irgendwann mal einen Marathon zu laufen (ohne großes Ziel am Horizont läuft bei mir gar nichts und ich auch nicht). Und stellt fest, dass es voll schön ist, nach wenigen Minuten schon warm zu sein und auch bergab nicht zu frieren, durch verschneite Parks zu laufen, den Winter zu riechen, moderne Männer zu beobachten, die ihre Kinderwägen durch den Park joggen und alte Frauen zu beachten, die Vögel füttern.
Jetzt habe ich natürlich das Problem, dass es in Wien bei weitem nicht so viele schöne Parks gibt wie in Berlin. In fußläufiger Erreichbarkeit von meiner Wohnung liegt eigentlich nur die Schrebergartensiedlung "Zukunft auf der Schmelz". Bis 1918 war die Schmelz ein großer Parade- und Exerzierplatz, heute ist es ein etwas kleinerer Hunde-ausführ- und Spazierplatz. Man kommt am "Wirtschaftskundlichen Bundesrealgymnasium" und am "Universitätssportszentrum I" vorbei und sieht ein paar interessante Gebäude aus den 1920ern.
Viel mehr sieht man nicht, schließlich kommt man beim Joggen nur recht langsam voran. Deshalb freue ich mich auch schon aufs Frühjahr, wo ich wie jedes Jahr feststellen werde, dass Fahrrad fahren einfach tausendmal schöner und abwechslungsreicher ist als Joggen. Wie jedes Jahr werde ich dann auch die Marathonpläne wieder beerdigen.

Montag, 15. Dezember 2008

Another egean weekend



Egea“ ist die European Geography Association. Ein Netzwerk von Geographiestudenten aus ganz Europa, das schon seit 1987 besteht. Seit zwei Jahren und neun Tagen bin ich mittlerweile Mitglied in diesem geilen Verein, war schon auf Kongressen in den Niederlanden, Belgien und Polen, habe an Austauschen mit Geographen in Russland und der Schweiz teilgenommen, wurde in diversen Städten von netten Egeanern empfangen und gehostet, habe dank Egea ein tolles WG-Zimmer, verdammt coole Freunde und eine ausgezeichnet funktionierende Seminargruppe in Wien gefunden. Habe auf Exkursionen Windkraftanlagen bestiegen, Autofabriken durchlaufen und Berge erklommen. Habe völlig neue Möglichkeiten kennen gelernt, Bier zu trinken. Und kenne Gleichgesinnte in ganz Europa.
Die Liste könnte man noch weiterführen, aber um es kurz zusammenzufassen: ich liebe Egea! Der tollste Verein der Welt, mit den coolsten Leuten der Welt, die die coolsten Events der Welt organisieren.
Zwei dieser Events haben dieses Wochenende in Wien stattgefunden: das Committee and Congress Organisers Training und ein Xmas-Special für und mit Egea München. Kurz zusammengefasst heißt das: in den letzten Tagen waren Egeaner aus den Entities München, Mainz, Warschau, Vilnius, Szeged, Novi Sad, Groningen, Utrecht, Dijon, Berlin, Krakau, Helsinki und Hannover hier in Wien. Zusammen mit den ganzen Wienern war das eine grandiose große Gruppe, die zusammen viel ausgegangen ist und durchgestanden hat. Die Bilder von der Vorbereitung zur Weihnachtsfeier, von den Nachbereitungen des Meetings im Unigebäude und vom letzten Abend im Unibräu können natürlich nicht annäherungsweise erahnen lassen, wie genial dieses Wochenende war.
Mein persönlicher Abschluss des Wochenendes war eine kleine Sightseeingtour mit meinen beiden Gästen, die vor etwa zwei Stunden Wien verlassen haben. Highlight des ganzen war die Fahrt auf den Kahlenberg. Von dort oben hat man eine grandiose Aussicht auf ganz Wien, wie das unterste Bild eindrucksvoll unter Beweis stellt.










Samstag, 13. Dezember 2008

Ja is denn heut schon Weihnachten?



Seit Mitte November sind die Christkindlmärkte in Wien geöffnet. Vorm Rathaus, aufm Campus, am Karlsplatz, am Spittelberg, an der Freyung, am Hof (s. Fotos), in Schönbrunn und was weiß ich wo noch. Glühwein für 3€ (außer am Touri-Markt vorm Rathaus, da kostet er 3,50€) und für den selben Preis meist noch viel leckerer Beerenpunsch. Total pervers, Mitte November! Mittlerweile muss ich aber zugeben: ok, morgen ist der 3. Advent. Die Märkte haben inzwischen tatsächlich ihre Berechtigung. Allmählich könnte ich mich mal um Weihnachtsgeschenke kümmern. Und ich könnte mal weihnachtliche Bilder in den Blog stellen. Da man meine Handykamera bei Dunkelheit vergessen kann (der richtige Foto ist kaputt), Christkindlmärkte bei Helligkeit einfach noch keine Stimmung entfalten und das Wetter hier grad sowieso alles andere als weihnachtlich ist, strahlen die zwei Bilder hier alles andere als weihnachtliche Stimmung aus. Die Belgierin und die vier HolländerInnen steigern aber immerhin die Vorfreude auf das Egea-Committee-Meeting und die Egea-Christmas-Party, die dieses Wochenende in Wien stattfinden. Später mehr.

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Staatsoper

Schon mehrmals im Burgtheater gewesen, den großen Saal im Rathaus erlebt, das Hauptgebäude der Uni sowieso, nun also auch mal die Staatsoper von innen gesehn. Ein weiteres dieser großartigen Gebäude an der Wiener Ringstraße. Eines der bekanntesten Opernhäuser der Welt. Aus den Mitgliedern des Staatsoperorchesters rekrutieren sich die Wiener Philharmoniker. Alljährlich findet hier der Wiener Opernball statt.
Soviel zum Gebäude. Zum Stück: Giselle. Ein romantisches Ballett. Sehr schön anzusehen. Jede Körperbewegung perfekt mit der Musik abgestimmt, großartige Bühnenbilder, beeindruckende Leistungen der TänzerInnen. Wie wenn es nicht weh tun würde, zwei Stunden lang auf den Fußspitzen rumzuhüpfen. Man hat so Mitleid mit den armen TänzerInnen, dass man dem Inhalt gar nicht so wirklich folgen kann. Er ist aber auch wirklich nicht so leicht zu verstehen. Lug und Trug; Schönheit und Unschuld; Liebe und Schmerz; Schuld und Reue; zu Tode tanzen. Von Herrn Dr. Wikipedia sehr schön zusammengefasst.


Montag, 8. Dezember 2008

72 Stunden mit Theresa und Dirk



Das Geschirr ist gespült und die Waschmaschine läuft, also Zeit, ein spannendes Wochenende Revue passieren zu lassen. Dirk und Theresa zu Besuch gehabt, eine netter als der andre. Und der andre ist auch ganz nett. Ebenfalls verdammt nette Leute aus Hannover kennen gelernt. Viel gefeiert und viel gesehn: Schloss Schönbrunn und Raffiniere Schwechat; Ring und Gürtel; Türkenmarkt und Irish Pub; OPEC und UNO. Eiles und Alt-Wien für den Kaffee, Campus und Spittelberg für den Glühwein, Chelsea und Flangans fürs Bier; Einstein fürs Schnitzel und Alexa für die Pizza. Hundertwasser(-haus) gesehen, Leitungswasser vom Schneeberg getrunken. Über Angela Merkel diskutiert und Maria Stuart gesehn. Das schlechte Wetter ausgetrickst und ständig eingekehrt. Genauso viele konsumierte Heißgetränke wie geschlafene Stunden. Schlafen und „was für die Uni machen“ werden nachgeholt, diese relaxte Art der Wochenendgestaltung hoffentlich wiederholt und die hohen Ausgaben irgendwie anders wieder reingeholt.






Globenmuseum



Es ist das einzige Globenmuseum der Welt. Insgesamt gibt es knapp 400 Globen zu sehen, die ältesten davon aus dem 16. Jahrhundert, der Großteil zumindest älter als 1850. Für den in Wien lebenden Geographen natürlich einen Pflichtbesuch, ist doch der Globus die einzige Möglichkeit, die Erde flächen-, linien- und winkeltreu abzubilden (wie ich in der Prüfung am Dienstag richtig angegeben habe). Schon interessant, das Museum, aber nicht so wahnsinnig groß. Sprich: baaasd scho.


Dienstag, 2. Dezember 2008

Prüfung am PC

"Prüfung zur Vorlesung Einführung in die Kartographie". Klingt ganz normal, würde in Berlin auch nicht wirklich anders heißen. Aber: in Berlin würde man im Hörsaal sitzen, würde sich 90 Minuten lang die Finger wund schreiben und der Professor würde anschließend einen Monat lang korrigieren.
Nicht so in Wien: man sitzt 25 Minuten lang am Computer, der per Zufallsgenerator 31 (Multiple Choice-)Fragen auswählt. Die löst man dann per Mausklick. Anschließlich klickt man auf abschicken und erhält sofort das Ergebnis. Wer sich das nicht vorstellen kann, sollte sich mal an der Probeprüfung versuchen.
Ein bisschen unfair an der Sache ist, dass man bei drei von vier richtigen Kreuzen trotzdem 0 Punkte hat, weil der Computer keine halbrichtigen Antwort anerkennt. Computer kennen halt nur 0 und 1...
Limitierender Faktor insbesondere für Linkshänder sind meiner Meinung nach diese blöden Apple-Mäuse, aber an denen lag es sicherlich nicht, dass ich fünf Fragen falsch hatte...

Sonntag, 30. November 2008

Rechts-Staat Österreich

Liebe Österreicher, ich habe euch mittlerweile sehr lieb gewonnen, aber dieser Eintrag muss jetzt doch mal sein. Seit fast drei Monaten wohne ich nun in Österreich und habe das Thema Rassismus erst einmal in meinem Blog erwähnt. Das steht in keinem Zusammenhang zur Quantität, mit der einem das Thema im Wiener Alltag begegnet.
Die Österreicher bringen es tatsächlich fertig, noch ausländerfeindlicher und rassistischer zu sein als wir Deutsche. Und das will schon was heißen. Wenn sich zwei Omas in der Bim (= Straßenbahn) lautstark über die Gefährlichkeit von Ausländern unterhalten, während Vertreter dieser Spezies in unmittelbarer Nähe sitzen, muss man sich schon zwingen, nicht einzugreifen; wenn bei der Nationalratswahl die FPÖ 17,5% und die BZÖ 10,7% der Stimmen erhalten, dann ist das absurd, aber es spiegelt die Einstellungen eines großen Teiles der Bevölkerung wider; dass einer Untersuchung zufolge die Länder auf der Welt mit dem ausgeprägtesten Nationalstolz die USA und Österreich sind, überrascht mich mittlerweile nicht mehr; dass Menschen mit dunkler Hautfarbe sich in Wien nicht wohl fühlen, kann ich nur allzu gut verstehen; dass man auch als Deutscher nach zwei, drei Jahren in Wien offensichtlich die Schnauze voll hat von all den abfälligen Bemerkungen und Ausgrenzungen (das habe ich jetzt schon von mehreren Leuten gehört) ist wirklich lächerlich und unnötig.
Als Geographie- und Erasmusstudent und Egea-Mitglied halte ich mich natürlich in einem äußerst toleranten Umfeld auf; als NC-Flüchtling, sonstiger Ausländer oder gar als ostdeutsche Kellnerin in einer Skihütte fühlt man sich in Österreich aber sicher nicht so wohl wie ich. Richard Florida kann mit seiner These, dass „Technologie, Talente und Toleranz“ entscheidend sind für den ökonomischen Erfolg von Metropolen, die gute wirtschaftliche Entwicklung von Wien nur zu maximal zwei Dritteln erklären.
Die Österreicher unterscheiden sich von den Deutschen ja auch dadurch, dass sie im dritten Reich ausschließlich die Opferrolle eingenommen haben. Wir kennen alle die Bilder von den ablehnenden Handhaltungen auf dem Heldenplatz, als Hitler ihnen damals den großen Anschluss aufgezwungen hatte. Der größte außenpolitische Erfolg Österreichs seit dem 2. Weltkrieg ist, dass mittlerweile die ganze Welt glaubt, Hitler sei Deutscher gewesen und Beethoven Österreicher.
So kann dann einem österreichischen Kollegen (so nennt man hier Kommilitonen) in Bezug auf die zur Nazizeit errichtete Westautobahn ein „die haben wir euch zu verdanken“ rausrutschen; so können rassistische Aussagen über Barack Obama im ORF ungeahndet bleiben; so kann es mal passieren, dass in Youtube Videos eines Hitler-parodierenden Bimfahrers kursieren; und so kann es passieren, dass sich einer der Gastgeber auf einer WG-Party zum Thema „Notaufnahme“ als KZ-Arzt verkleidet, mit Hakenkreuz-Armbinde („einmal im Leben kann man ja wohl mal Nazi sein“).
Aber, liebe Österreicher, ich kann euch beruhigen: der Bimfahrer wurde zwei Tage nach seiner Aktion fristlos entlassen. Und der Typ mit der Hakenkreuz-Binde war ein gebürtiger Schweizer. Typisch Ausländer, die können sich halt einfach nicht benehmen :)

Freitag, 28. November 2008

das bessere Deutschland

"Es wird bestätigt, dass die Angaben zu den Zeilen 28-56 richtig und vollständig sind", liest sie mir laut vor und schmunzelt dabei, nachdem ich ihr erklärt habe, wo sie die Bescheinigung für mich unterschreiben muss. So ein seltsames Formular hat sie noch gesehen. Aber ist ja auch klar: sie arbeitet auf einer österreichischen Behörde und nicht auf einer deutschen. Österreich wirbt ja damit, das bessere Deutschland zu sein. Zuminest in bürokratischer Hinsicht trifft das - wie weiter unten bereits erwähnt - definitiv zu. Verständliche Formulare, freundliche Beamte, kurze Wartezeiten. In einem Wort: Service.
Nachdem mein Bafög-Antrag aus dem Mai schon vor zwei Wochen bewilligt wurde, kann ich wieder mit etwas besserem Gewissen Luxusartikel wie Cornflakes und Shampoo konsumieren und Behördengänge mit dem Gefühl absolvieren, dass es sich ja doch irgendwie lohnt. Gestern habe ich wieder zwei dieser wunderschönen Gänge gemeistert. Unter anderen habe ich erfolgreich das Anmeldeformular beantragt, das man braucht, wenn man als EWR-Bürger länger als drei Monate in Österreich lebt. Ich habe mich jetzt also offiziell in Österreich niedergelassen. Keine Ahnung, was das bringt. Kosten tut es fast 30 Euro und knapp zwei Stunden.

Dienstag, 25. November 2008

Linz 09



Linz 09 ist nicht der Name des örtlichen Sportvereins, sondern der Hinweis darauf, dass die Hauptstadt Oberösterreichs im nächsten Jahr Europas Kulturhauptstadt sein wird. Die vielzitierte Ausstellung "Kulturhauptstadt des Führers" gibt ja schon einen Vorgeschmack...
Überall im Altstadtbereich wird zurzeit gegraben, gebastelt und gebaut, damit die Besuchermassen im nächsten Jahr alle von Linz begeistert sein werden. Man scheut weder Kosten noch Mühen und betreibt einen Aufwand, der sich im Stadtbild und -budget auch nach 2009 noch bemerkbar machen wird.
Ganz unabhängig von den kulturellen Anstrengungen hat Linz eine wirklich schöne Altstadt und ein beinahe perfekt ausgebautes Straßenbahnnetz (hat der Verkehrsgeograph natürlich komplett abgefahren...). Ansonsten ist es halt eine Industriestadt mit allem was dazugehört. Muss man mögen. Ich mag's.



Sonntag, 23. November 2008

Mainz bleibt Mainz



Wenn man in Wien wohnt und Mitte November schon richtig viel Schnee sehen möchte - dann fährt man einfach nach Deutschland! Mit Winterstiefel und Skijacke ausgerüstet bin ich grade mal wieder auf Heimaturlaub im verschneiten Schöllkrippen.
Das beste an Wiesbaden ist bekanntlich Mainz. Als besonderes Schmankerl des Heimaturlaubs war ich da gestern. Es war zwar kalt (das einzig warme war die heiße Schokolade mit Mintu...), aber schön. Bin das gesamte Mainzer Straßenbahnnetz abgefahren (bin halt ein Verkehrsgeograph...) und habe ein paar Leute getroffen, mit denen ich Abi gemacht oder schon mal ein Egea-Event besucht bzw. organisiert habe. Genau genommen Max, Dominique, Hac, Julia und Vera. Und hab auch noch andre Egeaner kennengelernt. Die haben mir dann auch gleich den Mainzer Zollhafen gezeigt, der als "Waterfront development"-Projekt in den nächsten Jahren zu einem neuen Stadtquartier mit Wohnungen, Kultur und Gewerbe ausgebaut werden soll. Find ich sehr spannend. Bin halt auch Stadtgeograph...